Mai

2021

Iran-Einsatz Mai bis November 1991

Das THW im Iran von Mai bis November 1991

Der Golfkrieg (erster Irak-Krieg) 1990 und der daran anschließende Aufstand der irakischen Kurden Anfang 1991, führten in der irakisch-iranischen Grenzregion zu erheblichen Flüchtlingsbewegungen, vor allem in den Westprovinzen des Iran. In der Nähe der Stadt Jigran in der Provinz Bakhtaran drängten sich in einem Lager von 10 x 2 km Fläche rund 200.000 Menschen. Auf Ersuchen des Hohen Kommissars für Flüchtlinge der UN (UNHCR) entschied die deutsche Bundesregierung im Frühjahr 1991, das Technische Hilfswerk zu entsenden. Der Auftrag des Bundesinnenministers Dr. Wolfgang Schäuble ans THW umfasste vornehmlich die Gebiete der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung.

THW-Helfer im Flüchtlingslager Jigram

Die Hilfsaktion beginnt

Nachdem die Islamische Republik Iran am 28. April 1991 dem Einsatz des THW in ihrem Land zugestimmt hatte, startete am 10. Mai eine Vorausmannschaft mit einer sowjetischen Antonov 124 in Richtung Teheran. Neben den THW-Helfern aus dem LV Baden-Württemberg wurden sieben Lkw, zwei Anhänger mit Trinkwasseraufbereitungsanlagen und eine fahrbare Netzersatzanlage, ein Feldkochherd und ein Kleinbus mitgeführt, darüber hinaus umfangreiches Sanitär- und Installationsmaterial. Einsatzleiter war der damalige Hauptsachgebietsleiter Einsatz des LV Baden-Württemberg und heutige THW-Präsident Gerd Friedsam.

Verstärkt wurde das Team durch THW-Helfer aus den LV Hessen und Saarland, die ohne Fahrzeuge direkt den Flughafen in der Provinzhauptstadt Bakhtaran anflogen. Von dort führten sie 150 Kilometer Landweg ins Flüchtlingslager Jigran.

Das 1. Lager des THW in der Nähe des Dorfes Kalaleh

Das erste THW-Lager errichteten die baden-württembergischen Helfer am 13. Mai 1991 an einem Flusslauf in der Nähe des Dorfes Band Kalaleh. Dort lagerte ebenfalls eine Gruppe deutscher Bundeswehrsoldaten. Ab dem dritten Tage nach dem Aufbau gaben die Trinkwasseraufbereitungsanlagen täglich 200.000 bis 250.000 Liter Wasser an iranische Tankwagen ab. Um die Wasserentnahme und –verteilung im Lager Jigran zu verbessern, errichteten die THW-Helfer in den nachfolgenden Tagen mehrere Vorratsbehälter mit bis zu 22.000 Litern Füllmenge. An diese wurden Rohrleitungen und Wasserhähne angeschlossen, sodass nun die gleichzeitige Entnahme an verschiedenen Stellen ermöglicht wurde. Im Norden des Lagers Jigran wurde durch die THW-Helfer eine Zisterne umgebaut und der Zulauf aus dem Bergland verbessert.

Verlegung von Kunststoffrohren vom THW-LKW aus, im bergigen Grenzgebiet des Irans

Und überall fehlt das Wasser…

Über das Pfingstwochenende 1991 traf an drei Tagen gestaffelt die zweite THW-Mannschaft aus dem Saarland im Lager Band Kalaleh ein. Sie baute in den folgenden Tagen zwei weitere Trinkwasseraufbereitungsanlagen auf. Im Anschluss wurden die THW-Helfer mit Bundeswehr-Hubschraubern nach Sefid Cheqa, nordöstlich der Stadt Bakhtaran gefolgen. Dort hatten Bundeswehr-Pioniere ein Flüchtlingslager für 10.000 Personen errichtet.

THW-Helfer an einem der Rohwasserbehälter für die Trinkwasseraufbereitung

Auch in Sefid Cheqa errichtete das THW die Wasserversorgung. Durch die saarländischen THW-Helfer wurden im neuen Flüchtlingsdorf über 6 Kilometer Wasserleitungen in unterschiedlichen Nennweiten verlegt. Am 11. Juni schloss das saarländische Team seine Arbeiten ab und kehrte mit zwei Bundeswehr-Flugzeugen in die Bundesrepublik zurück.

Die baden-württembergischen Helfer wurden durch ein hessisches Team abgelöst, dessen Leitung der rheinland-pfälzische Hauptsachgebietsleiter Einsatz, Michael Vollweiler, inne hatte. Der Großteil dieser THW-Helfer wurde in der Gegend von Gilan-e-Gharb eingesetzt. Dort verlegten sie Trinkwasserleitungen mit einer Gesamtlänge von rund 18 Kilometern für die beiden Flüchtlingslager Djareh und Dandaneh. Auch die vierte Einsatzmannschaft des THW, die die hessischen Helfer am 22. Juni ablöste, beschäftigte sich noch mit diesem umfangreichen Projekt. Die vierte Mannschaft bestand aus THW-Helfern aus den Landesverbänden Rheinland-Pfalz, Saarland und Nordrhein-Westfalen. Diese betrieben zudem auch die inzwischen insgesamt fünf Aufbereitungsanlagen des THW und der Bundeswehr. Einsatzleiter war Hans-Joachim Gerhold, Geschäftsführer des hessischen Betreuungsbereichs Homberg.

THW-Helfer an einer mobilen Trinkwasseraufbereitungsanlage Berkefeld TWA-6

Winterfester Ausbau der Flüchtlingslager

In der ersten Juliwoche 1991 folgt die fünfte THW-Einsatzmannschaft in den Iran. Erkundungen des THW gemeinsam mit dem UN-Flüchtlings-Hilfswerk und Absprachen mit der iranischen Regierung hatten im Juni ergeben, dass noch einige Flüchtlingslager ertüchtigt und winterfest ausgebaut werden sollten. Das Team setzte sich aus Helfern der Landes-verbände Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zusammen. Die Einsatzleitung oblag dem niedersächsischen Hauptsachgebietsleiter Ausbildung und späteren Landesbeauftragten Ralph Dunger.

Im Verlauf des zweiten Halbjahres 1991 unterstützte das THW das UN-Flüchtlingshilfswerk auch durch vorbereitende Maßnahmen zum Aufbau von Fertighäusern in den Flüchtlingslagern. Bis zum November 1991 waren insgesamt 10 Wasseraufbereitungsmannschaften im Einsatz sowie drei „Hausbauteams“. In den Lagern Hafez und Sefid Cheqa wurden frostsichere Rohleitungsnetze durch das THW erstellt.

Quellen- und Bildnachweise:

Autor:        Simon Herzog
Quellen:    Broschüre „AUSLANDSEINSÄTZE Technisches Hilfswerk“, Hrsg. Bundesverband für den Selbstschutz
                     im Auftrag der THW-Leitung, Referat THW-2, 10/1992

  Zeitschrift „Technisches Hilfswerk“, Ausgabe 1 / 1991 und 2 / 1991
  „THW-journal 1991“, Gemeinsame Zeitschrift der Landesverbände Baden-Württemberg, Berlin/Brandenburg, Bremen,  Hessen/Thüringen, Niedersachsen/Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Schleswig-         Holstein/Mecklenburg-Vorpommern
Bericht von Jürgen Kardel auf www.thwhs.de

Bilder:       Archiv THW LV HERPSL
                     Offizieller THW-Kalender 1992