Apr

2014

Nikolaus Ziske: Der Einsatz der Technischen Nothilfe nach den Luftangriffen auf Nürnberg 1943

Einsatz der Technischen Nothilfe nach den Luftangriffen auf Nürnberg 1943

Im Zweiten Weltkrieg richteten die Luftangriffe der alliierten Bomber auch in Nürnberg schwere Schäden an. Die Technische Nothilfe (TN) stellte im Rahmen des Luftschutzes den LS-Instandsetzungsdienst und beteiligte sich an der Wiederherstellung der zerstörten Infrastruktur sowie an der Bergung Verschütteter. Aus dem Jahre 1943 liegen zwei Einsatzberichte der TN vor, die Georg Wolfgang Schramm in seiner Dissertation „Der zivile Luftschutz in Nürnberg 1933 – 1945“ [1] veröffentlicht hat.

8. März 1943

Schätzungsweise 100 Flugzeuge griffen ab 23:23 Uhr die Stadt an. Es wurden etwa 43.000 Stabbrandbomben, 6 Luftminen und 484 Sprengbomben abgeworfen. [2] Im Luftschutzort Nürnberg-Fürth entstanden 2.256 Brände, davon 171 Großbrände und 339 mittlere Brände [3]. An diesem Tag kamen 343 Menschen ums Leben und 659 Personen wurden zum Teil schwer verletzt. [4]

 

Bild 1

Einsatz der Feuerschutzpolizei auf Höhe der Karolinenstraße 30-32 am 8. März 1943; Foto: Dr. Ludwig Ostner [5]

 

Der Polizeipräsident als örtlicher Leiter des Luftschutzes berichtete:

„Während der Zeit vom 9. bis 14.3.1943 waren täglich rund 1.100 Mann der Technischen Nothilfe eingesetzt. In der Zeit vom 15. bis 20.3.1943 betrug die Einsatzstärke anfangs 750 dann rund 400 Mann. Der Technische Dienst war insgesamt an 96 Stellen zur Behebung von Schäden (Abdichten des Gasbehälters, Beseitigen von Gas- und Wasserrohrbrüchen, Abnehmen von Gas- und Wasserzählern, Beseitigung von Wasserunterdruck, Entlüftung des Gasrohrnetzes, Montage von Gas­ und Wasserzählern, Instandsetzung einer 100 kV-Leitung und des Hochspannungsnetzes der Deutschen Reichsbahn) tätig.

Allgemeiner Dienst und Bereitschaftsdienst wurde an 322 Stellen zur Bergung Verschütteter, Beseitigung von Notständen und Gefahrenmomenten, Bergung und Sicherstellung von Lebensmitteln und wertvollem kriegswichtigem Volksgut eingesetzt.

In der Horst-Wessel-Straße [heute Pillenreuther Straße] verursachte eine Sprengbombe einen Wasserrohrschaden. Dabei war auf der Straße ein Sprengtrichter von ungefähr 3 Meter Durchmesser entstanden, der mit Wasser gefüllt war. Zur Behebung des Schadens wurden Kräfte des Technischen Dienstes herangezogen. Bei der Freilegung der Rohrleitung ereignete sich gegen 13:30 Uhr eine Explosion, durch die 7 TN-Angehörige getötet, 3 schwer und 5 leicht verletzt wurden. Ohne Zweifel handelte es sich um die Explosion eines Langzeitzünders (Kettenbombe), der dicht neben dem von der Sprengbombe gebildeten Sprengtrichter eingeschlagen ist.“ [6]

Über den Einsatz der TN nach dem Angriff vom 10./11. August 1943 liegt ein ausführlicher Abschlussbericht der Landesgruppe XIII Nordbayern-Egerland vor, der bei Schramm im Anhang vollständig abgedruckt ist [7].

Von 1941 bis 1945 waren in Nürnberg durch Luftangriffe insgesamt 6.111 tote Zivilisten zu beklagen.

 

Bild 2

Statistik der Toten, Obdachlosen und Wasserrohrschäden; Quelle: Schildhauer [8]

 

Der hier dargestellte TN-Einsatz ist nur ein singuläres Beispiel für die Hilfeleistung während des Zweiten Weltkriegs. Die „Fränkische Tageszeitung“ vom 7. September 1942 berichtet, dass „die TN-Männer im Drillichanzug mit dem blauen Schiffchen sich Herz und Vertrauen der Nürnberger Bevölkerung besonders erworben haben.“ [9] Angesichts der flächendeckenden Zerstörung ist es kaum vorstellbar, dass der Zugang zu den Einsatzstellen überhaupt möglich war und unter den Trümmern auch Überlebende geborgen werden konnten.

 

Bild 3

Blick auf die Burg am 20. April 1945; Quelle: US Army [10]

 

Nach mehr als 70 Jahren erinnern die geschilderten Ereignisse an die katastrophalen Auswirkungen des NS-Regimes und mahnen uns zur Erhaltung von Frieden und Demokratie.

(Hinweis: die genannten Quellen sind in der Fachinformationsstelle des BBK vorhanden)



[1] Schramm, Georg Wolfgang, Der zivile Luftschutz in Nürnberg 1933 – 1945 / Georg Wolfgang Schramm. – Nürnberg : Stadtarchiv. – 653 S.

(Nürnberger Werkstücke zur Stadt- u. Landesgeschichte ; 35)

Zugl. Nürnberg, Phil. Diss., 1983

[2] a.a.O., S. 102

[3] Steffler, Reinhard, Luftangriffe auf Leipzig und die Handlungen der Löschkräfte / Reinhard Steffler. – Mügeln : Dober, 2013. – S. 136

[4] Der Luftkrieg gegen Nürnberg : der Angriff am 2. Januar 1945 und die zerstörte Stadt / hrsg. von Michael Diefenbacher. – Neustadt an der Aisch : P. Schmidt, 2004. – 788 S.

(Quellen und Forschungen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg ; 33),

[5] a.a.O., S. 228

[6] Schramm (1983), S. 103

[7] a.a.O., S. 523-524

[8] Schildhauer, Armin, Erfahrungen im Bereich der Wasserversorgung während des 2. Weltkrieges, dargestellt am Beispiel Nürnberg, In: Gas Wasser Abwasser 58 (1978), 1, S. 7

[9] zitiert nach Die Räder : Zeitschrift der Technischen Nothilfe (1943), S. 44

[10] Dokumente deutscher Kriegsschäden / hrsg. vom Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte. – Bonn, Bd. 1 (1958), vor S. 417