Aug

2019

Auslandseinsatz in Goma/Zaire vor 25 Jahren – Text und Bilder von Frank Winterfeldt

UN-Karte Ruanda

Innerhalb weniger Monate wurden in Ruanda, einem kleinen zentralafrikanischen Land, rund 800.000 Menschen getötet. Dem Völkermord folgte eine zweite Katastrophe: rund 2 Millionen Menschen flüchteten aus Ruanda in die Nachbarstaaten Burundi, Tansania, Uganda und Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, in eine ungewisse Zukunft, ohne ausreichende Ver- und Entsorgungsstrukturen.

Die Masse der Flüchtlinge ließ sich rund um die zairische Hafenstadt Goma nieder. Innerhalb weniger Wochen stieg dort die Bevölkerungszahl von rund 100.000 Menschen auf über eine Million an.

Lager um Goma – Flüchtlingszelte bis an den Horizont

Größtes Problem für den UNHCR, den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, war die Versorgung der Menschen mit sauberem Trinkwasser. Auf Anforderung des Bundesministeriums des Innern und auf Ersuchen des Auswärtigen Amtes half das THW bei der Trinkwasserversorgung der Flüchtlinge und der einheimischen Bevölkerung.

TWA – Arbeitsplatz des „Bademeisters“, des Trinkwasserlaboranten, der sowohl das Roh-, als auch das Reinwasser untersuchte. Im Container ist das komplette Trinkwasserlabor untergebracht. Mit der ständigen Überwachung des Trinkwasser sichert der Laborant die Qualität des abgegebenen  Wassers.

Jeweils 70 Helferinnen und Helfer schickten die Planer in der Bonner THW-Leitung und aus dem Landesverband Baden-Württemberg auf dem Luftweg mit Chartermaschinen für rund vier Wochen nach Goma. Die gesamte Ausstattung, Fahrzeuge, Trinkwasseraufbereitungsanlagen, Schläuche, Chemikalien für die Wasseraufbereitung und die Analyse, Wasserblasen, Zelte, Feldbetten, Pumpen, alles benötigte Equipment musste ebenfalls auf dem Luftweg mit Antonov-Frachtmaschinen nach Afrika transportiert werden.

Am Kivusee produzierte das THW mit seinen leistungsfähigen Trinkwasseraufbereitungsanlagen täglich bis zu 2 Millionen Liter sauberes Trinkwasser. Eigene LKWs mit Wasserblasen und Tankfahrzeuge der internationalen Hilfsorganisationen wurden am eigens erbauten Wasserturm, oberhalb des Hafens in Goma, mit sauberem Trinkwasser befüllt. Über die mit erkalteter Lava des Vulkans Nyiragongo bedeckten Straßen ging es dann auf verschiedenen Routen zu den Menschen in die Flüchtlingslager rund um Goma. Nach Erhebungen des UNHCR trug die regelmäßige Trinkwasserver-sorgung zu einem signifikanten Rückgang der täglichen Todesfälle bei. Ende Juli 1994 starben fast 7000 Menschen täglich in den Flüchtlingslagern.

Über eine Million Menschen flüchteten nach Goma – Blick aus einem Wassertanker des THW auf die mit Flüchtlingen überfüllte Straße bei Goma

Das Sinnbild für effektive Hilfe: der provisorische Wasserturm oberhalb des Hafens von Goma

Goma-Basis

Das Basislager des Technische Hilfswerkes am Hafen von Goma, direkt am Kivusee. Von dort starteten die LKW des THW, erfolgte die Wartung und Instandsetzung von Fahrzeugen und Equipment in der Schirrmeisterei, schliefen die Helferinnen und Helfer in Zelten, wurde das umfangreiche Material gelagert und die Einsatzkräfte versorgt. Große Industriewaschmaschinen und einheimische Kräfte sorgten für saubere Arbeitskleidung. Am Kivusee wurden die Trinkwasseraufbereitungsanlagen aufgebaut und mit Pumpen das Rohwasser aus dem See entnommen, aufbereitet, chloriert, gesammelt, in Rohrleitungen auf den Wasserturm gepumpt und an die Tankfahrzeuge abgegeben.

Vor Ort wurden die Einsatzkräfte mit viel Not und Elend, den Schicksalen von Tätern und Opfern, schlechten hygienischen Voraussetzungen und extremen Wetterbedingungen ganz direkt konfrontiert. Auch 25 Jahre nach dem Einsatz sind die Erfahrungen bei vielen beteiligten Helfern immer noch präsent und so manche Alltagssorgen in Deutschland treten in den Hintergrund.

Rund 600 Helferinnen und Helfer vom THW aus der gesamten Bundesrepublik waren von Juli 1994 bis Anfang April 1995 unter der Führung von Dipl.-Ing. Basil al Naqib aus der THW-Leitung mindestens vier Wochen in der größten Flüchtlingskrise vor Ort im Einsatz. Durch ihren Einsatz konnte sauberes Trinkwasser fachgerecht aufbereitet und in ausreichender Menge an Flüchtlinge und Bewohner der Stadt Goma verteilt werden. Mit diesem wichtigen Beitrag konnte den betroffenen Menschen das Überleben in dieser Krisenlage gesichert werden.

 

Klassenzimmer im Flüchtlingslager Buhimba

Der Schneider von Himbi – im Flüchtlingslager Himbi verwandelte er viele graue THW-Latzhosen in praktische Gürtelhosen

Kinder Goma: Hallo Muzungu – trotz der bedrückenden Lebenssituation in den Flüchtlingslagern hatten die Kinder immer Spaß, wenn die Muzungus   (afrikanische Bezeichnung für hellhäutige Menschen) in ihren hellblauen Outfits mit den hellblauen LKWs kamen, frisches Trinkwasser lieferten und so für Abwechslung im eintönigen Lageralltag sorgten.

Lebensmittel, wie hier Bananen, wurden mit Einbäumen über den Kivusee transportiert

THW-Helfer mit lokalen Kräften – Lokale Hilfskräfte und THW-Einsatzkräfte arbeiteten eng zusammen. Zur umfangreichen Ausstattung gehörte auch ein geländegängiges Krad.

In den Flüchtlingslagern bereiten Frauen in großen Töpfen und Schüsseln die Nahrung für die geflüchteten Menschen zu

Ein Wassertanker an der Abladestelle Adra-Lake

Eine Abladestelle von Trinkwasser auf der täglichen Route der Tankfahrzeuge: das Lager Himbi. Dort betreuten drei deutsche Ordensschwestern rund  30.000 Geflüchtete

Lokale Kräfte, wie hier im Waisenkinderlager Buhimba, wurden vom THW eingestellt und ausgebildet, damit sie selbständig die Wasseraufbereitung   durchführen können.